Nutzlose Abgasuntersuchungen

Dieselautos bleiben Dreckschleudern

von Andreas Halbach und Birte Meier

Besitzer von Dieselfahrzeugen zahlen nach Ansicht von Umweltexperten seit Jahren für völlig nutzlose Abgasuntersuchungen: Gesundheitsgefährdende Feinstaubpartikel, die vor allem neuere Dieselfahrzeuge ausstoßen, könnten mit der heute verwendeten, veralteten Messtechnik überhaupt nicht erfasst werden. Das bestätigen auch Recherchen von Frontal21.

"In den letzten Jahren sind Hunderte von Millionen für Abgasuntersuchungen ausgegeben worden, und von Jahr zu Jahr werden die Ergebnisse wertloser", kritisiert der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe Jürgen Resch. Die eingesetzte Messtechnologie stamme noch aus den 60er Jahren. Dabei werde lediglich die so genannte Rauchgastrübung gemessen, also der Gehalt von Dieselruß in der Luft. Bei modernen Dieselmotoren sei mit dieser Methode aber nicht mehr fest zu stellen, "ob viel oder wenig Feinstaub emittiert wird, ob ein Partikelfilter an Bord ist, ob er kaputt ist oder ob er funktioniert."

Und trotzdem schreibt der Gesetzgeber seit 1993 für alle zwei Jahre eine Abgasuntersuchung (AU) bei Dieselfahrzeugen vor. Wir machen den Test: Wie sinnvoll sind solche Abgasuntersuchungen wirklich?

Kritiker: Autofahrer sinnlos abkassiert

Ein Golf ohne Rußpartikelfilter fährt auf den Prüfstand. Obwohl das Auto mächtig raucht und stinkt, besteht es mühelos die Abgasuntersuchung, bleibt weit unter dem vorgeschriebenen Prüfwert für die so genannte Rauchgastrübung. Mehr sei hier auch nicht gemessen worden, bestätigt uns der Kfz-Meister. Bei der Diesel-Abgasuntersuchung kann demnach nur festgestellt werden, ob das Auto qualmt oder nicht. Dennoch kostet die AU immerhin 35 Euro.

Rund zehn Millionen Fahrer von Dieselautos in Deutschland werden so per Gesetz regelmäßig sinnlos abkassiert, sagen Kritiker. Zugleich stoßen vor allem neuere Dieselautos unkontrolliert und ungehindert ultrakleine Feinstaubpartikel aus. Denn ihre modernen Filter fangen zwar einen großen Teil des Dieselrußes ab, doch dadurch können die Feinstpartikel nicht mehr gebunden werden und treten aus. Sie sind besonders gefährlich für die Gesundheit von Verkehrsteilnehmern und Innenstadtbewohnern.

Gefährlicher Feinstaub

"Die ganz kleinen, und das sind die, die aus den Auspuffen kommen, die gehen noch durch die Lunge durch und werden durch den ganzen Körper transportiert", warnt der Pneumologe Professor Christian Witt von der Berliner Charité. Feinststaub verursache sogar Veränderungen im Gehirn, so der Mediziner. Und so geht die Weltgesundheitsorganisation WHO von jährlich rund 75.000 Toten allein in Deutschland infolge von Feinstaub aus.

Der international anerkannte Abgasexperte Axel Friedrich fordert deshalb eindringlich: "Wir brauchen neue Messsysteme, die in der Lage sind, diese ultrakleinen Partikel, die tief in die Lunge eindringen und ins Herz vordringen können, auch erkennen." Diese gibt es bereits, doch sie werden noch nicht eingesetzt.

"Verordnung überflüssig"

Das Bundesverkehrsministerium hält es offenbar nicht für nötig, mit Hilfe einer verschärften Abgaskontrolle, die Bevölkerung künftig besser vor gefährlichem Dieselruß zu schützen. In einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber Frontal21 heißt es: Eine solche Verordnung sei überflüssig. Das Ministerium verweist auf die bevorstehende Neufassung der EU-Richtlinie. Und die sieht "ausschließlich eine Messung der Rauchgastrübung [...] vor."

Quelle: Frontal21, ZDF.DE